Genres ähneln traditionellen Kochrezepten. Sie sind die Pizza, das Sushi oder der Burger der Filmerzählung. Tausendfach erprobte und immer wieder optimierte Varianten, wie einzelne Zutaten zu einem schmackhaften Ganzen zusammengefügt werden können. Wenn wir hungrig sind und uns für eines dieser “kulinarischen Genres” entscheiden, wissen wir ziemlich genau, was uns erwartet. Wenn es dann allerdings etwas anders schmeckt als erwartet, mit einem frischen Twist, sind wir überrascht und – wenn es sich wirklich stimmig zusammenfügt – im besten Fall begeistert…
Und da Überraschung die vielleicht wichtigste Währung einer erfolgreichen Erzählung ist und nicht ohne eine vorher aufgebaute Erwartungshaltung funktioniert, sind Genres und deren erfolgreiche Mischung von so zentraler Wichtigkeit. Die nötige Überraschung kann natürlich durch einen neuen/zeitgemässen Genremix erreicht werden — aber wie gelingt es, dass die eine kreierte Stimmung eine andere nicht aushebelt?
Wie vermeidet man es, dass durch etwaige zu komplementäre Stimmungen ein Gefühl der Unglaubwürdigkeit im Zuschauer entsteht, die zu Ablehnung führt? Hier gibt es natürlich sehr viele Herangehensweisen, aber eine Art und Weise der Umsetzung hat mich beeindruckt: Die enge Taktung und filigrane Verwebung exakter Genrebeats allen Ebenen, die konsequent durchgehalten und wiederholt wird.
Eines der besten Beispiele hierfür ist “STRANGER THINGS”:
Wenn man sich die Pilotfolge sehr genau anschaut — nicht Szene für Szene, sondern Moment für Moment — offenbart sich die grosse Menge und rasante Abfolge einzelner Genre-Beats. Jeder einzelne Beat ist wird ultrapräzise gesetzt, es ist sozusagen kein Genre-Misch-Masch, sondern immer ein anregender Wechsel zwischen einem exakten Horror-Moment, Drama-Moment, Comedy-Moment, Romance-Moment. Als Zuschauer können wir zwar die Spannweite der Emotion, die uns erwarten von Anfang an erahnen (was wichtig ist um uns auf den Mix einzustellen) jedoch werden wir nicht genau wissen können, wie die nächste Sequenz aussieht, in ihrem kreativen Rhythmus/ Abfolge und Verwebung der einzelnen Beats. (Wir sehen am Anfang sozusagen die einzelnen Farben, aber noch nicht das ganze Muster das gewebt wird.)
Ganz wichtig hierbei: Kein Genre-Beat sollte über lange Strecken vernachlässigt werden. Denn das Versprechen, das in den ersten Sekunden und Minuten dem Zuschauer gegeben wird, sollte immer weiter aufrecht erhalten werden. Und weiter und weiter…